Der Steg ist eines der Bauteile, die den Klang einer Geige, eines Cellos oder eines anderen Streichinstruments maßgeblich beeinflussen. Dafür gibt es einen einfachen Grund: durch den Steg wird die Schwingung der Saiten auf den Korpus des Instruments übertragen. Die beste Geige wird ihre klanglichen Möglichkeiten nicht voll entfalten können, wenn diese Übertragung durch einen mangelhaft gearbeiteten bzw. schlecht angepassten Steg behindert wird. Deshalb ist die Steganpassung eine Arbeit, die unbedingt vom Geigenbauer ausgeführt werden sollte, und sie ist ein wichtiger Schritt bei der klanglichen Optimierung eines Streichinstruments.
Wie funktioniert die Schwingungsübertragung?
Der Steg wird durch die Bewegung der schwingenden Saite gleichfalls in Schwingung versetzt. Mit der Saitenschwingung, die man sich als elliptisches Hin- und Herschnellen der Saite unter dem streichenden Bogen vorstellen kann, gerät der Steg in eine tänzelnde Bewegung, er „wippt“ mit hoher Frequenz von einem Stegfuß auf den anderen. Dadurch werden die rechte und die linke Hälfte der Decke abwechselnd angeregt, wodurch der Korpus zu schwingen beginnt. Durch den Bassbalken und den Stimmstock im Inneren des Korpus werden dabei bestimmte Frequenzen der Stegschwingung gezielt gedämpft bzw. verteilt: Bei hohen Tönen wirkt der Bassbalken dämpfend, so dass der rechte Stegfuß den größten Teil der Schwingung überträgt. Der Stimmstock sorgt in diesem Fall dafür, dass neben der Decke auch der Boden direkt angeregt wird; bei tiefen Frequenzen behindert er dagegen die Bewegung des rechten Stegfußes, so dass der größere Teil der Energie auf die linke Seite der Decke übertragen und dort vom Bassbalken gleichmäßig verteilt wird.
Die richtige Steg-Position
Der Steg eines Streichinstruments wird am sog. akustischen Zentrum der Decke aufgestellt und ohne weitere Befestigung allein durch den Druck der aufgespannten Saiten gehalten. Er begrenzt die Mensur der schwingenden Saite, die aber – anders als etwa bei Lauten und Gitarren – auch „unterhalb“ des Steges noch schwingen kann, inklusive Saitenhalter bis zum Untersattel. Die richtige Stelle markieren die Kerben der F-Löcher, zwischen denen der Steg genau mittig aufgestellt wird. Zugleich soll der Steg mittig zum Griffbrett ausgerichtet werden, damit die Saiten in den richtigen Bereichen über das Griffbrett verlaufen. Vorrang hat aber die Ausrichtung am akustischen Zentrum der Decke, damit die Schwingungen der Saiten optimal auf den Korpus übertragen werden können.
Auch die Stegneigung spielt dabei eine Rolle; richtig ist eine senkrechte Ausrichtung des Stegs zur Decke. Da der Steg beim Stimmen mit den Wirbeln in Richtung Griffbrett gezogen wird, kann er – vor allem, wenn er neu aufgestellt wird oder neue Saiten aufgezogen werden – anfangs leicht Richtung Saitenhalter gekippt werden. Solange die Saiten noch nicht ihre endgültige Spannung erreicht haben, kann die Stellung des Steges noch leicht korrigiert werden. Um ein Umkippen zu vermeiden, soll er dabei immer von beiden Seiten angefasst werden – z. B. mit Daumen und Zeigefinger, oder mit beiden Daumen. Wichtig: Ein schräg stehender Steg überträgt nicht nur die Schwingungen mangelhaft, sondern wird sich unter dem Druck der Saiten auch im Laufe der Zeit verbiegen.
Wie wird ein Steg angepasst?
Stege für Instrumente der Violin- und Gambenfamilien werden in den allermeisten Fällen aus Ahorn geschnitzt und müssen für das jeweilige Instrument noch angepasst werden. Besonders wichtig ist dabei die Zurichtung der Füße, die präzise auf den Verlauf der Decke zugeschnitten werden. Nur lückenlos aufliegende Stegfüße sorgen für eine ideale Schwingungsübertragung auf die Decke.
Natürlich beeinflussen die Masse des Steges und seine Resonanzeigenschaften den Klang des Instruments ganz entscheidend, so dass sich in diesem Bereich weitere Anpassungsmöglichkeiten ergeben. Die durchbrochen geschnitzte Form mit einer (meist herzförmigen) Aussparung in der Mitte, der Taillierung und den sog. Stegohren hat in erster Linie akustische, nicht ästhetische Gründe. Durch sein eigenes Schwingungsverhalten filtert der Steg unerwünschte Frequenzen aus der Saitenschwingung heraus und fungiert als Impedanzwandler zwischen Saiten und Decke (bzw. Korpus). Mit Hobeln und Schnitzmessern verändert der Geigenbauer die Größe der Stegausschnitte und seine Stärke, bis die bestmöglichen Eigenschaften für das jeweilige Instrument erreicht sind.
Durch die Anpassung der Stegrundung wird schließlich die Saitenlage eingestellt, die der Form des Griffbretts ebenso entsprechen muss wie den individuellen Wünschen des Instrumentalisten. Für das solistische Spiel und für Saiten mit höherer Amplitude, vor allem Darmsaiten, ist eine höhere Saitenlage erforderlich als für Kunststoffkern- oder Stahlsaiten.
Die Fotografien auf dieser Seite wurden freundlicherweise von Geigenbaumeister Jean Severin in Weimar zur Verfügung gestellt.