Interessante Beiträge zu Streicher-Themen in aktuellen Musikmagazinen.
Was gibt es an interessanten Beiträgen für bzw. über Streicher in aktuellen Magazinen zu lesen? Diese Frage hat uns in den ersten Ausgaben unserer Magazin-Rundschau im Violinorum-Blog beschäftigt. Ab diesem Monat wollen wir das Thema ein wenig mehr zuspitzen: Welche Beiträge sind – unserer Ansicht nach – die interessantesten? Die, für die sich der Gang zum Kiosk besonders lohnt?
In diesem Sinne: aufgeschlagen! Und zwar die aktuelle Nummer 1/2013 des ensemble-Magazins, und die Februar-März-Ausgabe von crescendo.
Unbedingt lesenswert ist das Interview, das Anna Novák mit dem Bratschisten Nils Mönkemeyer für crescendo geführt hat. Mönkemeyer spricht über Bach (natürlich anlässlich seiner neuen CD), aber auch darüber, dass zur Schönheit Schmutz gehöre: Ein Plädoyer, auch auf CD keinen übertriebenen Reinlichkeitswahn an den Tag zu legen, und selbst mal einen Spielfehler stehen zu lassen, wenn „der Ausdruck ansonsten perfekt stimmt“.
Apropos Bratsche: Man kann ja nicht genug Literatur für die Viola ausgraben, auf dass sie von guten Solisten um so mehr zu Gehör gebracht werde! Einen Beitrag dazu leistet Helmut Peters in der aktuellen Ausgabe von ensemble, denn von Felix Draeseke (1835-1913), den Peters kenntnisreich in Hinblick auf seine Kammermusik porträtiert, stammt nicht nur eine Suite für Englischhorn und Klavier: Nein, auch zwei Sonaten für Viola und Klavier schrieb der Komponist, der, wie manch anderer, im Schatten der bekannten Größen seiner Zeit stand. Die Viola-Sonate Nr. 1 c-Moll WoO 21 und Nr. 2 F-Dur WoO 26 seien „echte Leckerbissen“ – und wohl nicht die einzigen aus dieser Feder.
Neue (oder wiederentdeckte) Literatur ist aber nicht die einzige Möglichkeit für junge Solisten und Ensembles, Profil zu zeigen. „Gute Ideen“, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, hat crescendo gesammelt, und stellt fünf Projekte vor, von denen manche mehr, manche weniger am Markt ausgerichtet sind: Das dog.ma chamber orchestra mit Mikhail Gurewitsch, die Europäische Kammerphilharmonie Dresden, das quartet-lab als „Supergroup“ der Spitzenmusiker Patricia Kopatchinskaja, Pekka Kuusisto, Lilli Maijala und Pieter Wispelwey, das Tanzorchester Suse Tietjen und das Rock-Pop-Klassik-Duo 2Cellos – eine bunte, anregende Mixtur!
Ganz anders nimmt sich Robert Nemeceks ensemble-Interview mit einer Kammermusik-Institution aus, die, verglichen mit diesem funkensprühenden konzeptuellen Ideenreichtum, dasteht wie eine dalarnische Fichte: Das Borodin-Quartett, das in diesem Jahr satte 68 Jahre alt wird. Aus dem „Ensemble alter Männer“ ist in den letzten zehn Jahren ein wesentlich jüngeres Quartett geworden; gleichwohl spricht man als Musiker in einer solchen Formation nie nur von sich, sondern immer auch von der Tradition der Vorgänger und der gemeinsamen (russischen) Schule. Es hat schon etwas von diesen uralten Gewächsen, die sich selbst erneuern, indem sie auf dem alten Wurzelstock neue Ableger bilden. Eine andere Form von Zusammenhalt prägt dagegen das Mandelring-Quartett, das als fast vollstäniger Familien-Betrieb seine eigene Form großer Bögen verfolgt, mit einer ausgesprochenen Vorliebe für Gesamteinspielungen – sofern es die Qualität und das künstlerische Interesse zuließen, wie Nanette Schmidt im Gespräch mit Burkhard Schäfer anmerkt.
Ein wahres Dauerbrennerthema für Streicher ist die Frage nach dem Carbon-Bogen; auch hier im Forum wird immer wieder darüber diskutiert, mit dem vorläufigen Fazit: Ausprobieren! Genau darum hat die Redaktion des ensemble-Magazins die Brüder Erik und Mark Schumann vom Schumann-Quartett gebeten, und dokumentiert den professionellen Vergleichs-Test von Carbon-Bögen der Hersteller Yamaha und Arcus in einem lesenswerten, differenzierten Bericht. Nicht nur in der Optik, sondern auch in Spieleigenschaften und Klangcharakter zeigt sich eine durchaus erstaunliche Vielfalt, und mindestens als Zweitbogen ziehen die beiden Violinisten die getesteten, um 2.000,00 Euro teuren Geigenbögen in Erwägung. Nicht zuletzt, da gerade bei zeitgenössischer Literatur auch immer mal die Stange zum Einsatz kommt – was Kohlefaser naturgemäß viel besser verträgt als empfindliches Fernambuk oder Brasilholz.
Zuguterletzt noch zwei Notizen aus crescendo: Christine Engel porträtiert das Georgische Kammerorchester Ingolstadt mit seiner bewegenden Geschichte – lesenswert! Ebenso lohnt sich die Lektüre von Julia Hartels Resümee über zeitgenössische Opern-Libretti, in denen es nichts gibt, was es nicht gibt – sogar Angela Merkel … Was es sonst noch gibt, berichtet Julia Hartel übrigens auch regelmäßig in ihrem Blog auf violinorum.de.