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Les Récréations: Trios von Johann Gottlieb Graun

Johann Gottlieb Graun, Trios - Les Recreations, CD-CoverUnter den erstaunlichen Wiederentdeckungen unserer Tage sind nicht selten die führenden Musiker ihrer Zeit zu finden: Leute wie Johann Joseph Fux zum Beispiel, Kapellmeister der Wiener Hofkapelle und als solcher einer, der ganz ohne Zweifel in der allerersten Reihe stand. Seine Triopartiten hat das Ensemble La Gioconda jüngst auf einer sehr schönen, bei Querstand erschienen CD in Erinnerung gerufen – (mehr dazu in der Besprechung im Codaex-Blog). Nun ist bei Raumklang eine nicht weniger gelungene Einspielung von Musik aus einem ähnlich gewichtigen Kontext erschienen, entdeckt und vorgetragen von dem Ensemble Les Récréations. Dass mit dieser Veröffentlichung erneut Trioliteratur in den Blick gerät, weist einmal mehr auf die Beliebtheit dieses Genres im Zeitalter vor dem Siegeszug des Streichquartetts hin.

Nach Fux am Wiener Hof kommt nunmehr Potsdam zum Zuge, mit Trios aus der Feder von Johann Gottlieb Graun, dem königlichen Konzertmeister Friedrichs des Großen, und es ist – nebenbei bemerkt – erfrischend, dass bislang niemand den ernsthaften Versuch gemacht zu haben scheint, mit dieser CD auf den rollenden Zug des Friedrich-Jahres aufzuspringen. Spürt man da eine gewisse Abstinenz preiswerten Marketing-Tricks gegenüber? Oder geht man bei Les Récréations und bei Raumklang davon aus, dass diese Publikation auch über 2012 hinaus Bedeutung haben wird? Beides ist richtig, und doch ist der Blick auf den preußischen Hofstaat unerlässlich, um die besondere Haltung dieser Musik verstehen zu können.

Denn was hier erklingt, ist eine im alten aristokratischen Sinne elitäre Musik, sind Kompositionen, deren Genuss den Unterschied ausmachte zwischen gesellschaftlichen Schichten. Die feine, sensible Interpretation durch Les Récréations erschließt diese gepflegte höfische Kommunikation mit all ihren gefälligen Nettigkeiten, ihrer tiefgründigen Gedankenfülle und ihrer Galanterie. Mit ansteckender Spielfreude genießen die jungen Musiker den Empfindungsreichtum, den Glanz und auch die Extravaganzen Grauns, der zu den größten Violinisten seiner Zeit gehörte und von keinen geringeren als Johann Georg Pisendel in Dresden und Giuseppe Tartini in Padua ausgebildet worden war. Dieser Herkunft entsprechend ist in seinen Werken ebenso ausgefeilte Kontrapunktik anzutreffen wie italienische Virtuosität, eine musikalische Welt, in der sich Matthieu Camilleri (Violine, Viola), Clara Mühlethaler (Violine), Emily Robinson (Violoncello) und Philippe Grisvard (Cembalo) von Les Récréations, unterstützt durch Atsushi Sakai (Gambe) souverän bewegen.

In seinem sehr lesenswerten Begleittext schildert Matthieu Camilleri, wie schwer den jungen Musikern, die an der Schola Cantorum Basilensis zusammengefunden haben, die Auswahl der Stücke fiel, angesichts der fast 130 überlieferten Triosonaten Grauns: „Bis zum letzten Moment haben wir Stücke ausgetauscht und eine Woche später hätten wir uns gewiss nochmals anders entschieden.“ So sind drei der vier Titel Ersteinspielungen, und vielleicht kann die CD ja eine gewisse Zugkraft entwickeln, auf dass von Les Récréations und anderen, die diesem Beispiel folgen, mehr Graun zu hören sein möge – sei es im Konzert oder auf CD.

Johann Gottlieb Graun: Trios
Ensemble Les Récréations
Raumklang records – RK3008
Erschienen am 17.1.2012
70:29 min.

Author:

Nils-Christian Engel ist begeisterter Amateur-Cellist

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