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Musikerwebsites – sinnvoll oder nicht?

Seit wir hier auch Fragen zum Selbstmarketing von Musikern thematisieren, sind eine Menge davon per E-Mail eingegangen – nun gut, warum nicht! Vielen brennen solche Themen auf den Nägeln, in die Öffentlichkeit gehen wollen sie damit aber nicht. Ich kann da nur ermutigen, es gibt bekanntlich keine dummen Fragen. Und wer seinen Namen lieber nicht nennen möchte, darf bei uns auch unter Pseudonym schreiben. Aber genug der Vorrede! Fragen von breiterem Interesse greifen wir hier redaktionell auf, und fangen heute damit an.

Ein großer Teil der Mails, die wir bekommen haben, dreht sich im Kern um die Frage: Brauche ich als Musiker eigentlich überhaupt eine eigene Website? Ab welchem Punkt meiner Karriere sollte ich unbedingt eine haben? Und was mache ich sinnvollerweise damit?

Das sind natürlich absolute Marketing-Kernfragen 😉 die ich ganz richtig nur am konkreten Beispiel beantworten könnte. Ein paar grundlegende Sätze dazu sind aber vielleicht trotzdem hilfreich, wenn ihr über diese Dinge nachdenkt.

Braucht also ein Musiker eine eigene Website? Viele sagen: Ja klar! Und das natürlich mit guten Gründen. Ich gieße aber mal etwas Wasser in den Wein und sage: in vielen Fällen eigentlich nicht – oder anders: sie ist oft nicht das wichtigste Mosaiksteinchen für ein gutes Online-Selbstmarketing.

Wenn Ihr z. B. als Orchestermusiker einen Job habt, in dem Ihr glücklich seid, ergänzt durch etwas Unterricht an der lokalen Musikschule plus ein, zwei andere Projekte in der Kammermusik – all das läuft gut, und Ihr seid mit Eurem beruflichen Umfeld gut vernetzt – dann habt Ihr zunächst mal kaum einen Anlass, eine Webpräsenz unter eigener Domain zu betreiben.

Wie immer im Leben sollte man a) den eigenen Bedarf prüfen, b) schauen, was es zu seiner Deckung gibt und dann c) entscheiden und genau planen, was man macht. So gibt es für die Erstellung einer eigenen Musikerwebsite nach meiner Erfahrung drei Gründe, und jeder davon bringt so seine eigenen Anforderungen mit sich:

a) Präsentation in die unbekannte Außenwelt hinein

Ziel der Website ist meistens, dass sich potentielle „Kunden“ schnell und ohne vorherige Kontaktaufnahme informieren können, z. B. Konzertveranstalter, Schüler auf Lehrersuche usw. „Gefunden werden“ ist der Zweck, und hier liegen natürlich interessante Chancen, neue Engagements oder sogar ganze Tätigkeitsfelder erschießen zu können.

Leider ist das Internet aber einer der Teiche, in die man nicht einfach so die Angel hängen kann, in der Hoffnung, dass schon etwas anbeißen wird. Um im Bild zu bleiben: man muss eine ziemlich genaue Vorstellung davon haben, welche Fische man fangen will, welche Köder ihnen schmecken und wie man die am besten auf den Haken piekt. Dementsprechend kranken viele Musikerwebsites an einer zu unpräzisen inhaltlichen und gestalterischen Ausrichtung – Texte, Bilder und Screendesign müssen schließlich genau zur anvisierten Zielgruppe passen, sonst klickt die schnell wieder weg. Mindestens ebenso verbreitet sind Verstöße gegen das „kleine Suchmaschinen-Einmaleins“.

Erst mal zu den Inhalten: Schrecklich langweilig ist es z. B., wenn die Website eines Violinisten nicht viel mehr zu bieten hat als die übliche Standard-Biographie. Diese beginnt beim ersten Unterricht mit max. 4 Jahren, und dann folgt ein unerträgliches Namedropping bedeutender Ausbildungsinstitutionen und mehr oder weniger prominenter Lehrer. Klar, das mögen unter Umständen wichtige Informationen sein, gerade für hochspezialisierte Insider – abheben werdet ihr euch damit aber nicht. Im Internet geht es aber nun gerade um die hohe Kunst, das Interesse möglichst vieler Menschen anzusprechen, sich dabei aber von der Masse klar und erkennbar zu unterscheiden. Ähnlich verhält es sich auch mit dem grafischen Stil der Website – Abbildungen, Farbschema und Design müssen die Leute ansprechen, für die ihr Musik macht, bzw. machen wollt. Der falsche Stil oder zu viel „0815“ verschenkt unter Umständen das entscheidende Potential.

Aber auch mit guten Inhalten kann man vom Pferd fallen, und damit sind wir beim Thema „suchen und gefunden werden“. Ich kenne etliche Musikerwebsites, die unglaublich interessante Textinhalte bieten, spannende Blogs usw. – die aber bei Google & Co. praktisch unsichtbar sind. Selbst wenn man nach Begriffen sucht, zu denen diese Sites ausgezeichnete Beiträge enthalten, findet man sie erst auf Seite 5-10 der Suchergebnislisten, wenn überhaupt.

Warum passiert das? Viele Betreiber solcher Seiten scheuen sich, auch außerhalb ihrer Website aktiv zu werden. Sie kümmern sich nicht oder zu wenig darum, dass ihre tollen Webangebote auch auf anderen Sites verlinkt sind, wo sie von interessierten Nutzern und auch von Suchmaschinen entdeckt werden können. Wenn dann noch Fehler in der technischen Gestaltung dazukommen, wird die Verarbeitung der Seiten z. B. für Google unnötig schwer, und dann ist es ganz schnell vorbei mit guten Positionen in den Suchergebnislisten – obwohl die hohe Qualität der Inhalte etwas ganz anderes rechtfertigen würde! Ein Beispiel ist das Thema „Text als Grafik“, dazu habe ich in diesem Forum bereits etwas geschrieben.

Hier sei noch angemerkt, dass man sich nicht zufrieden geben sollte, wenn man mit seiner Website zur Suchabfrage „Meinvorname Meinnachname“ auf Platz eins landet. Das ist keine Kunst, denn Google gewichtet solche Seiten naturgemäß ziemlich schwer – für solche Suchanfragen. Anders gesagt: Wenn ihr mit so einer Seite auf Platz zwei hinter Wikipedia oder einer anderen Website landet, dann ist das ein absolut sicheres Zeichen, dass auf eurer Seite viel falsch läuft in Sachen Suchmaschinen.

Sicher – ich schreibe hier ziemlich holzschnittartig, aber eins sollte klar sein: so einfach es ist, eine individuelle Website in´s Netz zu bekommen, so schief kann das dann auch gehen. Wenn ihr mit eurer Site das Ziel verfolgt, neue Leute für eure Musik anzusprechen, dann muss sie einen ziemlich professionellen Standard haben – um nicht als einsame Insel im weiten Online-Meer zu enden.

Ich möchte mit alldem gar nicht sagen, dass man als Musiker seine Website nicht auch selber machen könnte – klar geht das, und wer Interesse, Gespür und Talent für diese Dinge mitbringt, kann z. B. auf der Grundlage einer guten Blog-Installation überzeugende Ergebnisse erzielen. Kostenlos ist das alles aber nicht, denn Zeit kostet eine gute Website immer, und das nicht zu wenig. Die meisten werden aber mit einer selbstgebauten Website genau so schlecht wie mit einer selbstgebauten Geige zurande kommen …

b) Die „digitale Visitenkarte“ bzw. Pressemappe

Etwas anders sieht es aus, wenn die eigene Website vor allem eine Ergänzung der eigenen Offline-PR ist – eine digitale Visitenkarte bzw. Pressemappe, deren Adresse man persönlich, per Post, Telefon oder Mail weitergeben kann, um einen schon bestehenden Kontakt zu vertiefen. Auch dann muss die Website natürlich zielgruppengerecht gestaltet sein, und offenkundige Schludrigkeit fällt schnell auf den zurück, für den die Website eigentlich werben soll. Wem das reicht, der kann natürlich die sog. „Suchmaschinenoptimierung“ eher vernachlässigen – solange er nicht in einer schlaflosen Nacht von dem Gedanken gequält wird, dass die Website ja eigentlich noch viel mehr können würde, wäre sie nur … aber lassen wir das 😉

c) Das Status-Symbol

Nicht lachen – das ist wirklich ein guter und gar nicht so seltener Grund für die Erstellung einer persönlichen Musikerwebsite! Wenn man eine gewisse Prominenz erlangt hat – oder diese wenigstens beansprucht – kommt man nicht darum herum, die Domain www.meinvorname-meinnachname.de zu registrieren und dort auch ein paar gute Inhalte anzubieten. Schon allein, damit kein Fan oder Konkurrent die Adresse registriert und Scherereien verursacht … Wenn Euer Name zur Marke zu werden beginnt, ist es definitiv Zeit für die eigene Site; etwas früher ist der Moment sogar noch besser. Und selbst wenn die Motivation „nur“ aus dem eigenen Status besteht, muss man bei der Planung und Erstellung der Site über die Punkte a) und b) nachdenken. Und nichts hinfrickeln, was besser professionell gemacht sein sollte.

Welche Alternativen oder sinnvollen Ergänzungen gibt es zur eigenen Musiker-Website? Nun, es gibt viele Möglichkeiten, im Netz Präsenz zu zeigen – die je nach eurer Situation auch schon vollauf genügen können. Wenn z. B. auf den Websites des Orchesters bzw. der Ensembles, in denen ihr spielt, schon alles wissenswerte gesagt ist, und auch eine Kontaktmöglichkeit besteht, dann ist unter Umständen schon genug getan. Wie oben gesagt, ausschlaggeben ist, was ihr über´s Internet zusätzlich erreichen wollt oder müsst. Auch die eigene facebook-Seite kann die persönliche Website ersetzen, und ist sogar häufig wichtiger als jene. Überhaupt sollte, wer sich im Internet präsentieren will, die „sozialen Medien“ nie außer Acht lassen. Es ist in fast allen Fällen nur vorteilhaft, bei facebook, Twitter und in einschlägigen Foren im Gespräch zu sein. Auch bei MySpace, Soundcloud und wie sie alle heißen „spielt die Musik“ – nicht zuletzt auch bei violinorum.de 😉

Uuh, lang geworden der Text – wäre vielleicht auch was für unsere Blogs, aber lassen wir das Thema mal hier im Forum. Das ist vielleicht auch besser für Anmerkungen, Ergänzungen und Kritik – all das sehr gerne!

Author:

Nils-Christian Engel ist begeisterter Amateur-Cellist

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